Ein Krippenspiel entsteht

1 Die Idee

Ich arbeite an einer Kirchengemeinde und bin dort für das „Musikmachen mit Kindern“ zuständig. Zu meinen Aufgaben gehört damit auch die Vorbereitung und Aufführung eines Krippenspiels zu Weihnachten. Da ich die Krippenspiele mit Text und Musik bisher immer selbst geschrieben habe und dafür ja ein wenig Vorlauf benötige, habe ich „meine“ Kinder, die Gemeindemusiker (eine Gruppe im Grundschulalter), schon im Januar gefragt, was sie sich denn inhaltlich für die nächste Aufführung wünschen. Das Ergebnis war: Eine Zeitreise mit sprechenden Tieren.

Diese Information habe ich bei mir wirken lassen und hatte auch schon nach kurzer Zeit eine grobe Idee. Doch durch die Corona-Beschränkungen im Frühjahr rückte das Krippenspiel gedanklich erst einmal in den Hintergrund. Viel wichtiger war: Wie kann ich weiterhin die Kinder erreichen? Welche (digitalen) Unterrichtsformen gibt es? Was ist wieder möglich? Und vor allem: Unter welchen Bedingungen? Für diese Überlegungen, das Aufnehmen, Schneiden und Bearbeiten von vielen, vielen Videos und das Suchen und Umsetzen von Online-Möglichkeiten benötigte ich ganz viel Zeit, zumal es für meine privaten Instrumentalschüler noch andere Regelungen gab als für meine Gruppen (mit Gesang).

Während der Sommerferien erinnerte ich mich wieder an das Krippenspiel. Statt des Inhalts stand jetzt aber erst einmal im Vordergrund: Was ist überhaupt machbar? Ich dachte an die Aufführungen, die wir in den letzten Jahren in unserer Kirche hatten. Nach kurzer Zeit war mir klar: Selbst wenn ich Geschwister zusammenstelle und die Darsteller in der ganzen Kirche verteile, ist eine Aufführung in der gewohnten Form nicht möglich. Oder eben nur ohne Zuschauer. Das war keine Alternative. Ich hatte im Frühjahr aber viele Erfahrungen mit Videoprojekten gemacht. Warum sollten diese also nicht auch für das Krippenspiel eingesetzt werden? Das hätte den Vorteil, dass bei der „Aufführung“, also dem Abspielen des Videos, nicht viele beteiligte Personen anwesend sein müssten und abgespielter Gesang auch nicht ansteckend ist. Im Gespräch mit unserer Pfarrerin wuchs die Idee eines „Hybrid-Projektes“: Den Anfangsteil bis zur Zeitreise übernimmt ein Erzähler. Danach wird das Video abgespielt. Den „Weg zurück“ übernimmt dann wieder der Erzähler.

Die Geschichte hatte ich (als Prosa-Geschichte) schon nach den ersten Videoüberlegungen im Sommer geschrieben. In der letzten Woche habe ich es für unsere Zwecke umgeschrieben, sodass wir in der nächsten Woche starten können. Kleine Anekdote am Rande: Wir starten am 15. September, also genau 100 Tage vor Heiligabend.

Dann ging es an die Rollen-Verteilungen. Ich habe unter meinen dreizehn Mitwirkenden vier Geschwister-Pärchen. Da diese untereinander keinen Abstand halten müssen, war mir schnell klar, dass zusammenhängende Rollen nach Möglichkeit von Geschwistern besetzt werden. Doch manche Geschwister benötigen ungefähr gleichberechtigte Rollen, bei anderen Geschwistern ist der Altersunterschied groß. Diese benötigen also eine Kombination einer großen und einer eher nicht so umfangreichen Rolle (zumindest, was den Textanteil angeht). Die Rollen mussten in diesem Jahr also nicht nur für eine Person passend sein, sondern oft auch gleich für ein Paar: Und die „Einzelkinder“ durften natürlich auch nicht benachteiligt werden. Also plante ich, schob hin und her, änderte und habe jetzt ein Ergebnis, das (hoffentlich) allen gefällt und umsetzbar ist. Leider bedeutet das aber auch, dass ich zwar die Kinder frage, woran sie zusätzlich zu ihrer Sprechrolle gern beteiligt sein möchten (singen, solistisch oder im Chor, summen, Becher-Begleitung etc.), die Entscheidung über die einzelnen Rollen aber von mir getroffen wird und ich dafür (fast keine) Wünsche berücksichtigen kann. Nur bei kleinen Nebenrollen, die zusätzlich zu Hauptrollen übernommen werden, gibt es noch Wahlmöglichkeiten: Wer möchte in einer Szene noch ein Schaf, ein Wanderer oder ein Reiter sein?

Während dieser Überlegungen kam mir die Idee, euch als Leser an der Entstehung dieses besonderen Krippenspiels teilhaben zu lassen. Ich werde also demnächst in unregelmäßigen Abständen von unserer Arbeit berichten. Ihr könnt damit virtuell mit dabei sein, wie unser Krippenspiel entsteht.

2 Der Inhalt

Die Kinder meiner Gemeindemusiker hatten sich gewünscht, dass eine Zeitreise und sprechende Tiere in diesem Krippenspiel vorkommen. Das habe ich ihnen erfüllt. Doch worum geht es eigentlich genau in unserem diesjährigen Projekt?

Es ist Heiligabend. Alina feiert zusammen mit ihrer Familie. Das sind ihre Eltern und ihr Papagei Herkules, der früher Onkel Bredewurz gehört hat und meist mehr oder weniger passende Sinnsprüche von sich gibt. Von eben diesem Onkel Bredewurz erhält sie ein Geschenk: Ein Buch mit leeren Seiten und beigelegten Buntstiften. Dabei fühlt sie sich doch eigentlich viel zu alt für ein Malbuch. Was sie nicht weiß: Es ist ein ganz besonderes Buch. Die beigelegte Nachricht deutet es an:

Bilder der Seele sind der Schlüssel zur Wirklichkeit.
Doch achte auf deine Gedanken! Deine Träume könnten wahr werden.

In der Nacht wacht sie auf und malt ein Bild von dem Stall und der Geburt Jesu. Sich selber und ihren Papagei malt sie mit in die Krippenszene. Kaum ist sie fertig, verschwimmt das Bild vor ihren Augen. Sie wird, gemeinsam mit ihrem Papagei, in ihr Bild hineingezogen.

Nach kurzer Zeit ist ihr klar: Sie muss den Stall in Bethlehem finden, um dort – hoffentlich – einen Weg zurück zu finden. Auf ihrer Reise trifft sie auf verschiedene Tiere, denen sie von der Weihnachtsbotschaft erzählt und die sich ihr daraufhin anschließen. Jedes Tier steht dabei für einen Teil der Weihnachtsbotschaft (Krankheit, Alter, Freundschaft, Vergebung, Frieden, Großes steckt im Kleinen). Nachdem sie das neugeborene Kind in der Krippe gesehen haben, werden Alina und ihr Papagei wieder in die Jetztzeit zurückversetzt. Dabei stellt sie fest, dass sich ihr gemaltes Bild in der Zwischenzeit verändert hat.

Das war die Geschichte. Beim nächsten Mal werde ich davon berichten, wie wir die Umsetzung planen.